Montag, 2. März 2009

In the theater, Antonioni has already chosen what parts of the operation I can watch; the camera looks for me – and obliges me to look, leaving as my only option not to look.

Im Film hat Antonioni bereits für mich entschieden, welche Teile der Operation ich betrachten kann; die Kamera schaut für mich – führt meinen Blick und läßt mir nur die Möglichkeit, das Zuschauen ganz und gar zu verweigern.

Sonntag, 1. März 2009

The movie operation precludes not only this modest participation but whatever is active in spectatorship. In the operating room, I am the one who changes focus, who makes the close-ups and the medium shots.

Die Filmoperation schließt nicht nur diese bescheidene Teilhabe aus, sondern jedes aktive Element des Zuschauens. Im Operationssaal bin ich es, die die Einstellungen variiert, die Nahaufnahmen macht oder vom Gegenstand abrückt.

Samstag, 28. Februar 2009

For the real operation I had to get scrubbed, don a surgical gown, then stand alongside the busy surgeons and nurses with my roles to play: inhibited adult, well-mannered guest, respectful witness.

Bei der wirklichen Operation mußte ich mich zunächst gründlich reinigen, einen Chirurgenkittel anziehen und dann neben den arbeitenden Chirurgen und Schwestern stehen und meine Rolle spielen: die Rolle des beherrschten Erwachsenen, des höflichen Gastes, des staunenden Zeugen.

Freitag, 27. Februar 2009

One is vulnerable to disturbing events in form of photographic images in a way that one is not to the real thing. That vulnerability is part of the distinctive passivity of someone who is a spectator twice over, spectator of events already shaped, first by the participants and second by the image maker.

Auf beunruhigende Ereignisse, die sich uns als fotografierte Bilder präsentieren, reagieren wir mit einer Verwundbarkeit, die uns angesichts der realen Ereignisse fremd ist. Diese Verwundbarkeit ist Teil der spezifischen Passivität dessen, der Ereignisse beobachtet, die bereits zweimal Gestalt angenommen haben – zum ersten durch die Menschen, die unmittelbar an ihnen beteiligt waren, zum zweiten durch die Arbeit des Fotografen.

Donnerstag, 26. Februar 2009

In a movie theater in Paris a year later, the less gory operation in Antonioni’s China documentary Chung Kuo made me flinch at the first cut of the scalpel and avert my eyes several times during the sequence.

Als ich ein Jahr später in einem Pariser Kino die weit weniger blutrünstige Operation in Antonionis China-Dokumentarfilm Chung Kuo sah, zuckte ich schon beim ersten Schnitt des Skalpells zusammen und mußte im weiteren Verlauf der Szene mehrfach wegschauen.

Mittwoch, 25. Februar 2009

In a hospital in Shanghai in 1973, watching a factory worker with advanced ulcers have nine-tenths of his stomach removed under acupuncture anesthesia, I managed to follow the three-hour procedure (the first operation I'd ever observed) without queasiness, never once feeling the need to look away.

Als ich 1973 in einem Krankenhaus in Shanghai miterlebte, wie einem durch Akupunktur betäubten Fabrikarbeiter, der unter schweren Magengeschwüren litt, neun Zehntel des Magens entfernt wurden, brachte ich es fertig, der dreistündigen Operation (es war übrigens die erste Operation, die ich je miterlebt hatte) zuzuschauen, ohne daß mir übel wurde und ohne daß ich auch nur ein einziges Mal das Bedürfnis verspürte, die Augen abzuwenden.